Bœuf Stroganoff ist das luxuriöseste „Restlessen“, das es gibt.
Restlessen deshalb, weil man dafür am besten Rindsfilespitzen nimmt, also das was der Fleischhauer vom Steak wegschneidet. Ausserdem ist es das BESTE Gericht zum Angeben, falls man mal den Fall hat, das Gegenüber extrem beeindrucken zu wollen (und natürlich mein ich hier die flambierte Version). Kenji López-Alt, einer meiner Lieblingskochbuchautoren, beschreibt es so: „Bœuf Stroganoff ist eines jener magischen Gerichte, die gehaltvoll wie lange gekochte Eintöpfe schmecken, sich aber in kürzester Zeit zubereiten lassen“.
Apropos magisch – mein erster Kontakt mit Bœuf Stroganoff fällt in die 80er Jahre, es war ein Urlaubserlebnis und ist nun eine liebe Erinnerung an meinen Vater. Diese Geschichte verdeutlicht auch, warum ich diesem Klassiker extremes Revival-Potenzial zugestehe. Es gelingt einfach überall!
Es war in den späten 80ern, auf dem alljährlichen Kroatienurlaub mit der Familie am Meer – der österreichische Ferienklassiker. Meine Familie spaltete sich da oft in zwei Fraktionen, erstens die Strandliegerinnen und Sonnenanbeterinnen: meine Mutter und meine älteren Schwestern, und die Avantgarde oder besser die Herumstreuner: mein Vater und ich.
Neues entdecken ist an sich ja super, wird aber in Touristenzonen auch den Motiviertesten nicht ganz leicht gemacht. Deshalb wurden mein Vater und ich statt Urlaubsarchäologen quasi Campingzonen-Familien-Schauer und hatten mit den Jahren schon viel Expertise darin, zu beobachten und zu kommentieren und auch ein wenig zu schmunzeln über die kleinen Paläste, die sich manche vor Ort zeltmässig aufbauten.
Ein Abend aber toppte alles andere, mit einer unglaublichen Live-Performance. Ein kulinarisch angehauchter Camper machte für seine Familie das mir damals noch nicht bekannte Bœuf Stroganoff… auf dem Campingtisch… über einem einfachen Gasbrenner. Wow!
Wir waren sprichwörtlich entflammt, da stand alles fein säuberlich vorbereitet und der Urlaubschef nahm das oder jenes in die Hand, rührte, schüttelte, schupfte die Pfanne ultraprofimässig, und paff: Flammen vor dem Zeltplatznachthimmel und tschack, tschack, ein bissi rühr, rühr und schon wurde an seine Familie ausgeteilt. Es war wie ein großes Zauberkunststück mit Pyrotechnik und allem. Es war eines jener kleinen, großen Erlebnisse, die meine Begeisterung für das Kochen entfachten.
Ich widme dieses Rezept deshalb meinem inzwischen leider verstorbenen Vater und wünsch ihm einen Himmel voller flambierter Rindsfiletstreifen in sanfter Senf-Obers-Sauce und weil er Musik liebte, gibt es obendrauf noch diesen Song, gesungen von Max Raabe: Stroganoff!
Zutaten, für zwei Personen:
400 g Rindsfiletspitzen (Rindslungenbratenspitzen)
Butterschmalz
2 Essiggurken
1 Zwiebel
2 Zehen Honigknoblauch
2 cl Cognac
½ TL Steinpilzpulver
½ TL Paprikapulver (edelsüß)
1/8 l Rotwein
1/8 l Rindsfond oder Bratensaft
1 TL Senf
3 EL Crème fraîche
Steichhölzer oder Feuerzeug
Zubereitung:
• Lungenbraten oder Lungenbratenspitzen klein schneiden, aber nicht zu klein, die sollen innen ja rosa bleiben. Eine gute Eselsbrücke ist es, beim Aufschneiden grob an Pommes zu denken. Eine mittelgroße Zwiebel sehr klein hacken, Honigknoblauchzehen blättrig und fein schneiden, die zwei Essiggurkerln klein schneiden. Alle Zutaten bereit stellen. Wichtig: den Besuch so platzieren das er/sie/es perfekte Sicht auf die Pfanne hat. Oder auf einer Tischherdplatte arbeiten oder sogar, wie mein Campingott, am Gaskocher…
• In einer Pfanne die Steakstreifen in Butterschmalz scharf anbraten, also superheiß, sodass es spritzt, Sachkundige sagen: sautieren. Die Streifen, wenn sie schön braun sind, auf eine Seite der Pfanne schieben und auf der anderen Seite den Cognac eingießen, kurz, also so drei bis fünf Sekunden, heiß werden lassen und dann anzünden (bitte bei offenem Feuer bitte immer aufpassen!). Flamme ausbrennen lassen und nicht vergessen: nochmals durchschwenken zum Posen. Dann das Fleisch in einen Warmhaltetopf geben.
• In den Bratrückstand die Zwiebel und den extra fein gehackten Honigknoblauch geben und leicht karamelisieren lassen, das Pilz- und das Paprikapulver einstreuen, einmal durchrühren und sofort mit Rotwein ablöschen. Den Rotwein etwas reduzieren und mit Rindsfond aufgießen. Die Essiggurkenstückerln dazugeben, den Senf und die Crème fraîche einrühren. Mit Salz und Pfeffer würzen.
• Jetzt die gebraten Fleischstreifen wieder in die Pfanne gleiten lassen und unter die Sauce heben – nicht mehr aufkochen, da das Fleisch sonst zäh wird – und fertig!
Tipp:
Als Beilage zu Bœuf Stroganoff werden meistens Bandnudeln oder Spätzle empfohlen, mein Tipp für die Dating-, also Angeber-Situationen ist aber eindeutig: Erdäpfelpüree!
Das hat den Vorteil, dass man, wenn das Date sich partout nicht beeindrucken lassen will, den besten Seelentröster und Glücklichmacher schon parat hat. Mal ehrlich, Erdäpfelpüree wirkt da wahre Wunder!
4 Kommentare
Super… hab ich noch nicht gekocht… jetzt weiß ich wie es geht… Danke dafür… alles wird gut!
Lieber Michi,
schönes Nachkochen! Alles wird gut… 🙂
LG, Ella
coole sache, so ein camping-nachbar hätte mich auch beeindruckt. nettes rezept, ich habe bislang coc au vin und boeuf bourguignon probiert
Hallo Christian, ja so einen Camping Nachbarn hätte ich gern jedes Jahr! 🙂
LG Ella