Holundersirup, Hollersprudel & Holunderessig

Holler, net Kürbis, sagt die informierte Steirerin, denn die Steiermark ist mit 1.400 Hektar Anbaufläche das größte Anbaugebiet für Holunder der Welt.

Lesern und Leserinnen von Phantastischer Literatur muss man nicht erzählen, wie besonders Holunder ist, denn der taucht da ohnehin immer auf, wenn‘s wichtig ist. In „Harry Potter“ zum Beispiel, da hat der mächtigste alle Zauberer, also Albus Dumbledore, einen „Elderstab“. Was leider ein wenig falsch übersetzt ist, denn Holunder heißt auf Englisch: „Elder“. Richtiger wäre es also, den „Elderwand“ mit „Holunder-Zauberstab“ zu übersetzen, aber das war dann wahrscheinlich zu lang. Im Englischen ist das ein doppelt schönes Wortspiel, weil „Elder“ heißt nicht nur Holunder, sondern auch „Ältere“, also mischen da auch die Weisen und die Vorfahrinnen mit.

Abgesehen von seiner vielfältigen Bedeutung in Mythologien, ist der Holunder und speziell der Schwarze Holunder eine supergeniale Ess- und Heilpflanze. Zuerst die Blüten im Mai, superschön, extrem stark und fruchtig duftend, mir am liebsten als Holunderkrapferln oder auch als Sirup. Später die Beeren, die liebe ich als Marmelade oder als Likör. Beim Nachlesen bin ich sogar auf eine Suppe gestoßen, die man aus Holunder macht: die Fliederbeersuppe. Früher hat man mit den Beeren auch Stoffe gefärbt, was die DIY-Welle gerade wiederentdeckt. Und schließlich: Aus Holunderholz macht man halt die allerbesten Zauberstäbe …

Dieses Rezept ist etwas ganz Besonderes für mich, es stammt von meiner Mutter und wurde über die Jahre immer mehr von ihr verbessert und perfekt unserem Familiengeschmack angepasst. So und nicht anders trinken wir den Hollersaft, leicht eingedickt und mit etwas weniger Zucker. Das Einzige, was mit der Tradition des Rezepts bricht, sind die Blüten, die kommen in dem Fall nicht aus der Südsteiermark, sondern aus den Auen des Wiener Praters.

Allen, die sich in ihrer Stadt oder Gegend auf eine Holunderblüten-Safari begeben wollen, und allen, die ihre besten Standorte teilen möchten, empfehle ich mal auf mundraub.org zu schauen.
Tipps für die Blütenernte: der Blütenstaub ist ausschlaggebend für das Aroma des Sirups. Die Blüten also vorsichtiger als rohe Eier behandeln.
• Blüten nicht abreisen, sondern mit etwas sehr scharfen abschneiden. Damit kein Blütenstaub abfällt.
• Nicht nach einem Regen pflücken, der wäscht den Blütenstaub ab.
• Die Blüten vorsichtig legen. Besser mit einem Korb oder einer Kiste ernten, als in ein Sackerl schmeißen…
• Am besten gleich beim Ernten darauf achten das keine Insekten, welke Blätter oder irgendein Schmutz dabei ist.
• Keine Blüten ernten, an denen Blattläuse haften. Erkennt man ganz leicht, die sitzen dann unter der Blüte am Stiel und sind extra schwarz.

Holunderblütensirup

Zutaten:
30 bis 40 Blüten
3 Liter Wasser
2 kg Gelierzucker 1:1
1 bis 2 Zitronen
50 g Zitronensäure

Zubereitung:
Die Blüten möglichst straßenfern und abgelegen sammeln, denn die werden nicht gewaschen, deshalb gleich supersorgfältig pflücken. Nicht ins Sackerl schmeißen, sondern legen. Gut reinigen.
Blüten mit Wasser, dem Zucker, den aufgeschnittenen Zitronen und der Zitronensäure mindestens 24, aber nicht länger als 48 Stunden stehen lassen.
Abseihen, alles gut ausdrücken. 
(Wer Essig machen mag, die ausgedrückten Blüten (Trester)  dafür verwenden. Wie der Essig zu machen ist,  ist weiter unten beschrieben.)
• Hollerwasser mit Zucker aufkochen. So circa sieben Minuten blubbernd kochen lassen, dann dickt der Zucker ganz leicht ein.
Noch heiß in saubere Flaschen abfüllen. Ich spüle die Deckel vor dem Verschließen immer noch mit etwas Schnaps aus. Das beugt Schimmel vor.

Hollersprudel

Zutaten:
1 Teil Holunderblütensirup
5 – 7 Teile Mineralwasser

Zubereitung:
Den Sirup mit dem Mineralwasser aufgießen. Fertig!

Das wurde uns als Kinder immer bei Familienfesten und Hochzeiten serviert als Holunderblütensekt (Virgin, sozusagen). Klingt ja auch so schööön: Holunderblütensekt! Schmeckt auch super – nicht nur Kindern. 😉

Holunderessig

Zutaten:
Holunderblüten “Trester” vom Sirup machen
Heller Essig (Weißweinessig, Apfelessig, weißer Balsamico …)

Zubereitung:
• Die Blüten in ein ausreichend großes Glas geben und mit dem Essig aufgießen. Gut verschließen.
• Für vier bis sechs Wochen an einem dunklen Platzerl stehen lassen. Hin und wieder schütteln.
• Abseihen und in eine schöne Flasche füllen.

Ich liebe diesen Essig! Geschmacklich passt er sehr gut zu leichten Salaten.

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4 x Sauerkraut: Klassisch, Gold-Kraut, Za’atarkraut & Ruby-Kraut

In Österreich gibt es, wie ich immer mehr entdecke, einige schöne alte Traditionen des Einlegens, Sauermachens und Fermentierens, aber ein Ferment überstrahlt natürlich alle anderen: das Sauerkraut. 

Ein nationales Heiligtum sozusagen. Üblicherweise gilt Sauerkraut vielerorts als das deutsche Nationalgericht. Was auch nicht ganz unrichtig ist, aber halt eher mit der Betonung auf unrichtig. Den eigentlich kommt es aus China, war schon im antiken Griechenland bekannt, war ein fixer Bestandteil der jüdischen und osteuropäischen Küche, hat sich in der USA verbreitet und so weiter…

Das älteste Super-Food
Sauerkraut ist ernährungsgeschichtlich ein wichtiger Eckstein, auf dem vieles und viele sich gestützt haben. Die meisten wissen wahrscheinlich um die Bedeutung des Sauerkrauts in der Geschichte der Seefahrt, nicht ganz so bekannt: Es war auch unersetzlich in der Geschichte der Kriegsführung. Und fast schon ganz vergessen ist, wie wichtig es in der Historie der einfachen Bevölkerung und Bauern war, um über den Winter zu kommen.

Fermentiertes Kraut war einfach das Arme-Leute-Essen in der kalten Jahreszeit. Und das trifft doppelt zu in so schwer zu bewirtschaftenden Gebieten wie den Alpen, in kargen ländlichen Gegenden oder für Leute, die sich sonst kaum etwas leisten konnten, nichts, außer halt ein paar Krauthäuptel.

In allen drei Fällen bot Sauerkraut viele Vorteile: Kraut ist eine robuste Pflanze und wächst auf fast allen Böden, auch in sehr rauen Klimata und auf bis zu 1.000 Meter Seehöhe. Sauerkraut ist einfach, günstig und unkompliziert herzustellen. Es ist ein Gericht mit nur zwei Zutaten. Kraut und Salz. Theoretisch könnte man sogar auf Salz verzichten, praktisch macht es die Herstellung aber einfacher und sicherer. Man kann es unkompliziert und extrem lange lagern. Aber der allergrößte Benefit für mich ist: es schmeckt einfach köstlich!

Was steckt alles in Sauerkraut?
Eine Portion, also so 200 Gramm Sauerkraut, deckt die Hälfte des Tagesbedarfs an Vitamin C (deshalb unverzichtbar in der Seefahrt, Kriegsführung und um spärliche Winter zu überleben).
Sauerkraut besteht bis zu 90 Prozent aus Wasser, es ist sehr fettarm und enthält außerdem noch sehr viele Mineralstoffe wie Natrium und Kalium.
Es wirkt regulierend auf den Darm und ist deshalb ein altes Hausmittel gegen Verstopfung.
Es ist ein natürliches Probiotikum. Also so was wie ein Wellness-Programm für die Darmbakterien.
Durch die vielen Milchsäurebakterien und Ballaststoffe hilft es beim Entschlacken.
Was noch nicht ganz bewiesen ist, aber immer wieder zum Thema wird: die sekundären Pflanzenstoffe des Sauerkrauts. Dr. Katharina Phillipp von der Abteilung Ernährungsmedizin an der Medizinischen Universität Wien dazu: „Sie haben ein großes Potenzial, anti-kanzerogen zu wirken.“ Wenn das stimmt, dann wäre etwas im Sauerkraut auch noch gut gegen Krebs.

Warum ich Sauerkraut gern selber mache
Neudeutsch würde ich es ja einfach SUPER-Food nennen! Oder noch besser auf den Punkt gebracht: Sauerkraut macht sexy!
Das alles gilt natürlich nur, wenn man nicht pasteurisiertes Sauerkraut isst, und darum ist Sauerkraut-Selbermachen die beste Idee. Und eigentlich auch gar nicht sehr schwer. Ich mag es gern, immer ein wenig Abwechslung zu haben, auch beim Sauerkraut, und deshalb habe ich mir angewöhnt, gleich mehrere Sorten zu machen, wenn ich schon mal dabei bin. Vier meiner liebsten Sauerkrautarten stelle ich nun hier vor: Sauerkraut klassisch, so wie es meine steirische Oma gemacht hat, goldenes Kurkuma-Sauerkraut, etwas poppiger das Za’atarkraut, und auch Rotkraut kann man köstlich verkrauten, also Rotes Sauerkraut oder Ruby-Kraut.

sauerkraut selber machen – sauerkraut homemade

Equipment:
Vier 1-l-Gläser (folgende Gläser sind fermentiergeeignet: Gläser mit Bügelverschluss, Rex- bzw. Weckgläser mit Klammern oder Gläser mit Gärspund), Gemüsehobel (Krauthobel, Japanische Mandoline, Reibeisen) oder scharfes Messer und idealerweise 4 Gewichte

Zutaten (für vier 1-l-Gläser):
Sauerkraut, klassisch:
1 Krautkopf (circa 1 kg), 20 g unraffiniertes Salz, 2 TL Kümmel, ½ TL Wacholderbeeren, 2 Lorbeerblätter, ½ TL gelbe Senfkörner, optional eine halbe Quitte, optional 1 EL Maiskörndln
Gold-Kraut: 1 Krautkopf (circa 800 g), 20 g unraffiniertes Salz, 200 g Karotten, 30 g Ingwer, 1 TL Kurkumapulver, 1/2 TL Dillsamen, 1/2 TL Selleriesamen
Za’atarkraut: 1 Krautkopf (circa 1 kg), 20 g unraffiniertes Salz, 1 roter Zwiebel, 2 Knoblauchzehen, 2 TL Za’atar-Gwürzmischung
Ruby-Kraut: 1 Rotkrautkopf (circa 1 kg), 20 g unraffiniertes Salz, 2 Lorbeerblätter, ½ TL Senfkörner, 1 TL Pimentkörner, 1 TL Pfefferkörner, optional eine halbe Quitte.

Zubereitung:
• Die äußeren Blätter der Krauthäuptel entfernen. Für jedes Glas zwei bis drei Blätter für später aufheben. All Krautköpfe vierteln, den Strunk herausschneiden, mit einer Reibe hobeln oder mit einem Messer fein schneiden. Rotes und weißes Kraut in extra Schüsseln geben.
Salzen. In die Schüssel mit dem Weißkraut (3 kg) kommen 60 g Salz. In die Schüssel mit dem Rotkraut (1 kg) kommen 20 g Salz. Alles gut vermischen, am besten auch schon mal leicht durchkneten. Für eine Stunde abgedeckt stehen lassen. In der Zeit hat das Kraut Zeit, Salz zu ziehen und weicher zu werden, das spart spätere, harte Knetarbeit.
Möglichkeit 1: Das gesalzene Kraut portionsweise drücken, kneten und stampfen, was das Zeug hält. Das ist sehr anstrengend und dauert. Nicht aufgeben, das ist ein langerprobtes Workout! Wenn sich genug Flüssigkeit gebildet hat, das Kraut in die vier Gläser aufteilen.
Möglichkeit 2: Wer mutig (oder wie ich bequem) ist und einen passenden Bottich hat, gibt das Kraut dort rein und stampft Barfuß darauf rum, bis es genug Wasser lässt. Natürlich das Weiß- und Rotkraut extra befußeln.

Aus der Steiermark kenne ich die schöne alte Geschichte, dass ganze Familien sich eine Woche vor dem Sauerkrautmachen nicht die Füße gewaschen haben, weil es angeblich die besten Bakterien fürs Kraut sind. Das ist für meinen Geschmack eher zu traditionell und deshalb tu ich vorher immer schön die Füße schrubben.

• Dann die aufgehobenen Krautblätter gut waschen, passend für die Gläser in Form schneiden und je nach Farbe oben auf das Kraut legen, gut andrücken, bis die Flüssigkeit über den Blättern steht.
• Bei jedem Glas extra kontrollieren, dass die Flüssigkeit über dem Gärgut steht! Das ist wichtig, denn unter der Lake ist alles geschützt. Es soll keine Ecke rausstehen und auch nix obenauf schwimmen. Dafür gibt es einen englischen Merksatz: „Under the brine is fine!“
• Wer jetzt merkt: zu wenig Flüssigkeit … Keine Panik! Einfach eine 2%-Salzwasserlösung anrühren und damit auffüllen. Glasrand gut reinigen. Wer hat, das Kraut mit einem Gewicht beschweren. Glas schließen. Bei Zimmertemperatur stehen lassen. Fertig. Theoretisch, denn…
• Jetzt kommt der schwierigste Teil: jetzt muss man warten.
Ich mag Sauerkraut gern nach so vier bis sechs Wochen. Das Kraut fängt schon nach zwei bis drei Tagen an, sich zu verändern, es blubbert, Bläschen steigen auf, wer zu viel Gärgut eingefüllt hat dem geht es über … da tut sich allerhand. Aber bitte warten.
• Im Hochsommer gebe ich das Sauerkraut manchmal schon nach drei Woche an einen kühleren Ort, durch die höhere Temperatur fermentiert es einfach schneller. Der kühle Ort ist bei mir der Kühlschrank, wer einen Keller hat (Gratulation!), der geht natürlich auch.

Tipp: Beim Warten sollte man die Flüssigkeit an der Oberfläche immer gut beobachten, also eine perfekte innere Mischung zwischen Beobachten und Vergessen finden. Manchmal entsteht Kahmhefe, das ist nix Schlimmes, auch nicht gefährlich, kann sich aber auf den Geschmack auswirken. Vorsichtig und mit supersauberem Besteck oder Sieb abschöpfen und das betreffende Ferment schnell verbrauchen. Bei Schimmel einfach alles entsorgen. Das kommt aber kaum vor.

Wer nicht weiß, wie der Unterschied zwischen Schimmel und Kahmhefe ausschaut, die Oma fragen fragen oder ausführlich im Internet recherchieren, da gibt es viele Seiten, die es erklären und auch Fotos zum Vergleichen haben.

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Die Gruppe heißt: Der diskrete Charme des Fermentierens

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Dieses Rezept war beim AFBA 2018 in der Kategorie “Kreativ Einkochen” eines der nominierten Rezepte.

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