„Homemade“ Miso – viel einfacher als gedacht!
Obwohl ich schon ewig fermentiere, habe ich einen enormen Respekt vor Fermenten auf Koji-Basis. Deshalb ist dies mein erstes Miso und es ist ein Work in progress, da das Miso ja auch reifen muss. Bei meinen Workshops und in meiner FB-Fermetiergruppe (Der diskrete Charme des Fermentierens) empfehle ich Anfänger*innen, sich zuerst einmal an ein bestimmtes Rezept zu halten, bevor man zu experimentieren beginnt. Natürlich beherzige ich diesen guten Rat auch selbst und habe mich für ein Rezept aus dem Buch “Miso, Tempeh, Natto and Other Tasty Ferments: A Step-by-Step Guide to Fermenting Grains and Bean“* von Kirsten K. Shockey und Christopher Shockey entschieden. (*Affiliate-Link)
Das richtige Rezept
Meine Wahl fiel, ganz pragmatisch, auf dieses Rezept, aus zwei Gründen:
Es ist Sommer, und Miso macht man normalerweise in den Herbst- oder Wintermonaten. Miso sollte am Anfang idealerweise bei um die 20 Grad Celsius reifen, das heisst, im Sommer ist es einfach zu heiß für frisches Miso. Das von mir gewählte Miso braucht nur 3 bis 5 Wochen Fermentationszeit bei Zimmertemperatur, dann kann man es in den Kühlschrank stellen. Deshalb wage ich es jetzt zu starten.
Und: Weißes Miso ist das perfekte Miso für Einsteiger*innen. Es geht schnell und leicht zu machen. Es ist mild und sogar süßlich im Geschmack.
Was ist Miso eigentlich?
Im Grunde genommen ist Miso eine fermentierte Paste, die durch Beimpfen von Sojabohnen (oder Ähnlichem) mit einem Edelschimmelpilz namens Koji hergestellt wird, der auf Reis, Gerste, Sojabohnen oder Ähnlichem gezüchtet wurde. Über Wochen (oder sogar Jahre!) arbeiten die Enzyme im Koji mit den Mikroorganismen in ihrer Unterlage zusammen, um die Struktur der Bohnen und Körner in Aminosäuren, Fettsäuren und einfache Zucker zu zerlegen. Was hier sehr wissenschaftlich klingt, schmeckt einfach unglaublich gut.
Miso ist süß, salzig, umami (also würzig), sauer, bitter, herb und kann noch andere Geschmacksrichtungen beinhalten, mit einem Wort: Miso ist FUNKY! Es hat diese Art von vielschichtigem Aroma, das nur das Ergebnis von Natur und Zeit sein kann. Es ist das Geheimnis, das zu einer umamireichen Brühe ohne Fleisch verhilft, zu einem cremigen Salatdressing mit optimalem Salzverhältnis ohne Salz oder zu einer Marinade, die Gemüse, Fisch oder auch Fleisch knusprig, karamellig und butterweich macht. Noch mehr über Miso, Miso-Unterscheidungen und Miso-Arten können Sie hier lesen:
• Verschiedene Miso-Arten im Kurzportrait
Jedes Miso beginnt mit Koji
Das Schwierigste am Miso machen ist das Koji machen. Deshalb habe ich mir erst mal fertigen Reis Koji (Kome Koji) gekauft. Mittlerweile gibt es online einige gute Bezugsquellen. Mir hat dieser Schritt sehr geholfen, so sehr das ich mittlerweile den Mut gehabt habe, Reis Koji selbst zu machen. Ein Bericht wird folgen. Aber wie gesagt, um es für den Anfang einfach zu halten, einfach fertigen Reis Koji kaufen. Damit lernt man Koji kennen und kann feststellen, wie richtig gemachter Reis Koji ausschaut, riecht und schmeckt.
Was ist Koji?
Koji ist ein in Japan traditionell kultivierter Schimmelpilz. Er wächst auf teilweise oder vollständig gekochten Körnern wie Reis und Gerste. Sobald die Sporen zu gedeihen beginnen, wandeln Enzyme des Koji das Getreide in Zucker um. Dann wird die enzymreiche Unterlage samt Koji einem zweiten Produkt zugesetzt, z. B. Sojabohnen, Kichererbsen oder Reis. Dieser sekundäre Fermentationsprozess bewirkt eine vollständige Veränderung von Geschmack und Konsistenz. So wird aus Sojabohnen Miso, aus Reis Sake, aus Sojabohnen und Weizen Sojasauce usw. Der daraus resultierende Geschmack, den wir kennen und lieben? Umami!
Fertigen Reis Koji (Kome Koji) können Sie zum Beispiel hier kaufen:
(Das ist keine bezahlte Werbung):
• Österreich: augora.at, luvifermente.eu
• Schweiz: yamasake.ch, brauerei-ferment.ch, shinwazen.ch
• Deutschland: koji-shop.de
Zutaten:
• 175 g (1 Tasse) trockene Sojabohnen
• 600 g (3 1/2 Tassen) Reis Koji (Kome Koji)
• 2 1/2 TL Steinsalz & extra als Abdeckschutz für das Miso
optional: 1 TL unpasteurisiertes Miso*
*Hinweis: Als Starthilfe ist jedes nicht pasteurisierte Miso geeignet, doch idealerweise nimmt man weißes Miso. Wenn man das erste Mal Miso macht und kein unpasteurisiertes besorgen kann, dann ist es auch ok, es einfach wegzulassen, es gelingt auch ohne. Ich z.B. hatte keines. Aber besser ist es natürlich mit!
Zubereitung:
• Die Sojabohnen über Nacht in Wasser quellen lassen.
• Die Bohnen in einen Schnellkochtopf geben. Mit Wasser auffüllen, dieses sollte zwei Finger breit über den Bohnen stehen. Deckel schließen und aufkochen lassen. 15 Minuten auf Stufe zwei kochen. Deckel erst öffnen, wenn der Zapfen eingezogen ist. Die Sojabohnen abkühlen lassen.Wer keinen Schnellkochtopf hat, kann die Sojabohnen auch ganz normal kochen. Sie sollten so weich sein, dass man sie ohne Mühe zwischen zwei Fingern zerdrücken kann.
• Sojabohnen abgießen, ein wenig Kochwasser auffangen.
• Sojabohnen mit einem Kartoffelstampfer pürieren, eventuell etwas Kochwasser dazugeben, damit es eine schöne Masse wird. Wer hat, kann einen Fleischwolf verwenden oder mit einer flotten Lotte bearbeiten. Sehr gut kann man sie auch mit einem Food-Prozessor zerkleinern. Weniger gut eignet sich ein Mixer (oder auf Englisch “Blender”), weil man da zuviel Flüssigkeit zugeben müsste, damit das Gerät richtig arbeitet. Tipp: Auf keinen Fall zu viel Flüssigkeit zugeben! Miso sollte so trocken wie möglich sein, ohne zu bröckeln, sonst wird es beim Fermentieren zu sauer!
• Die zerdrückten Sojabohnen mit dem Reis Koji und soviel von dem Steinsalz vermischen.
• Ein extrem gut gereinigtes Glas bereit stellen (Ich habe meines nach dem Waschen mit Wodka desinfiziert). Die zukünftige Miso-Paste mit den Händen zu festen Kugeln formen und in das Glas werfen, damit diese sich eng ans Glas und die anderen Kugeln anlegen. Ziel ist es, dass möglichst wenig Luftblasen entstehen.
• So weitermachen, bis das ganze Miso im Glas ist. Tipp: Das Glas am besten nur zur Hälfte füllen, den restlichen Platz braucht man für die Gewichte.
• Das frei gebliebene Glas sehr gut reinigen und alle Misospuren vom Rand wischen. Ich habe als Schlusspolitur wieder Wodka verwendet.
• Die Oberfläche dünn mit Steinsalz bestreuen, darüber ein Stück Klarsichtfolie geben. Darauf kommt ein Gewicht. Ich habe dafür 2 Salzpackerln verwendet – in diesem Fall bitte gut mit Folie umwickeln, das dient nur als Gewicht!
• Glas verschließen – und fertig. Jetzt heisst es warten.
Tipp: bevor man die Gewichte auf das Miso gibt, Zedernholz Gewichte auf die Oberfläche legen. Das ist noch besser für eine gute Reifung! Wie man die Gewichte macht, können Sie hier nachlesen: Zedernholz „Gewichte“ für Miso, einfach selber machen
Reifen lassen
3 bis 5 Wochen bei Zimmertemperatur (am besten ca. 20 bis 22 Grad) reifen lassen. Auf keinen Fall im Kühlschrank, da fermentiert es nicht bzw. zu langsam, das wollen wir nicht. Erst wenn es fertig ist, in den Kühlschrank oder einen kühlen Keller stellen.
Lagerung
Im Kühlschrank oder kühlem Keller.
Weißes Miso eignet sich sehr gut für:
• Tsukemono: das ist japanisch eingelegtes Gemüse. Genauer: Misozuke, also wenn man es mit Miso fermentiert, auf Englisch “Miso Pickling”.
• Nasu Dengaku: japanische Miso-Melanzani (Aubergine)
• Milde Miso-Suppe
• Durch den süßen, milden Geschmack ist es weiters ideal für alle Suppen, Salatdressings oder leichte Fischmarinaden. Weißes Miso eignet sich auch sehr gut für Desserts.
______________________________________________________________________________
Ergänzung Miso-Troubleshooting:
Mein weißes Miso hat nach einer Woche wie auf den Fotos oben ausgesehen. Ich vermute, das hatte mehrere Gründe:
• Das Glas war zu voll gefüllt, deshalb wurde das Miso nicht genug beschwert. Tipp: Ich habe jetzt nachgelesen das man als Faustregel sagt: 20 % des Gesamtgewichts des Miso sollen als Gewicht oben drauf. Also wenn man 1 kg Miso macht, gibt man mindestens 200 g an Gewicht oben drauf!
• Die Sojabohnenmasse war eventuell zu grob.
• Der Zeitpunkt: ich habe das Miso im Mai gemacht, man sollte Miso im Winter machen, da es gerade am Anfang kühlere Reifetemperaturen braucht.
Meine Sorge war, dass das Miso durch die vielen Lufteinlagerungen und die kurze Reifezeit einen zu stark acetonartigen Geruch annehmen könnte. Mein “Troubleshooting” war: ich habe das Miso aus dem Glas genommen und dabei die Flüssigkeit oben abgegossen. (Achtung, bei Miso diese Flüssigkeit unbedingt auffangen. Das ist das Tamari (japanische Sojasauce) und sehr schmackhaft. Natürlich ist Tamari besser, je länger es reifen kann.) Dann habe ich das Miso durch ein Sieb gerieben, um es feiner zu bekommen. Von Hand sehr anstrengend, das nächste Mal nehme ich einen Food-Prozessor. Anschließend habe ich nochmals 2 Esslöffel Steinsalz untergeknetet und alles wieder ins erneut desinfizierte Glas gefüllt. In den folgenden zwei Wochen Reifezeit haben sich keine Luftpolster mehr entwickelt. Zum Schluß habe ich alles in kleine Gläser umgefüllt, um mein Miso platzsparend im Kühlschrank unterzubringen. Es schmeckt schon jetzt phantastisch! Süßer als “normales” Shiro Miso. Bin schon auf das Kochen damit gespannt.
2 Kommentare
Moin,
ich bin begeistert von diesen Seiten und werde so einiges testen demnächst. Ich freue mich darauf. Vielen Dank für’s öffentliche teilen der Seiten. 🙂
Hallo Gabi,
danke für das schöne Kompliment! Da freu ich mich immer sehr!
Liebe Grüße und schönes Ausprobieren.
Ella